Im August 2019 reichte Michael John Smith[1] Klage gegen sieben neuseeländische Unternehmen ein, die im Landwirtschafts- und Energiesektor tätig sind und alle hohe CO2-Emissionen verursachen bzw. mit fossilen Brennstoffen handeln. Seine Klage richtet sich unter anderem gegen den Milchwirtschaftskonzern Fonterra, die Ölraffinerie NZ Refining Company und die Gesellschaft Z Energy. Smith argumentiert, dass die Handlungen der Beklagten eine Störung der öffentlichen Ordnung (public nuisance), Fahrlässigkeit (negligence) und einen Verstoß gegen die Pflicht, nicht weiter zum Klimawandel beizutragen (breach of duty to cease contributing to climate change) darstellen.[2] Für letztgenannten Beschwerdegrund besteht nach neuseeländischem Recht keine Anspruchsgrundlage.

Smith behauptet, dass die Beklagten wesentlich zur Klimakrise beitrügen und Orte, die für ihn und seine Gemeinschaft (whānau) von traditioneller, kultureller, historischer, ernährungsbezogener und spiritueller Bedeutung seien, schädigten.[3] Mit seiner Klage verlangt Smith die Feststellung, dass die beklagten Unternehmen (individuell oder zusammen) rechtswidrig eine Pflicht ihm gegenüber verletzt haben; die öffentliche Ordnung gestört oder zu einer solchen Störung beigetragen haben und dass sie ihm durch ihre Handlungen einen Schaden zugefügt haben. Ausserdem beantragt Smith, dass die Unternehmen dazu verpflichtet werden, im Jahr 2024 den Höchststand ihrer Emissionen zu erreichen und diese in den nachfolgenden Jahrzehnten linear zu verringern, um im Jahr 2050 keine Netto-Emissionen mehr zu verursachen.[4]

Im März 2020 wies der Neuseeländische High Court als erste Instanz die ersten beiden Beschwerdegründe ab, liess jedoch den letzten Beschwerdegrund – den Verstoss gegen die Pflicht, nicht weiter zum Klimawandel beizutragen – zu.[5] Dagegen legten sowohl der Kläger als auch die Beklagten Beschwerde ein, worauf der neuseeländische Court of Appeal als zweite Instanz Smith’s Berufung vollumfänglich abwies.[6] Dies unter anderem mit der Begründung, dass das Ausmass und die Komplexität der durch den Klimawandel verursachten Krise regulatorische Massnahmen verlange und nicht durch haftpflichtrechtliche Klagen gelöst werden könne.[7]

Daraufhin gelangt Smith an den Supreme Court in Neuseeland. Er argumentiert, dass seine Klage haftpflichtrechtlicher Natur sei; die Beklagten schädigten ihn und er ersuche die Gerichte deshalb darum, diese Handlungen zu stoppen.[8]

Die Beschwerdegegnerinnen hingegen argumentieren, dass sich weder das Haftpflichtrecht, noch die Institution des Gerichts dazu eigne, mit einem systemischen Problem wie dem Klimawandel umzugehen. Dies müsse vielmehr dem Parlament überlassen werden; jenes habe dieses Thema bereits adressiert und gesetzgeberische Antworten gefunden. Sie machen ebenfalls geltend, dass der Klimawandel aus haftpflichtrechtlicher Sicht unüberwindbare Probleme schaffe, dies insbesondere mit Bezug auf die Bedingungen der Klageberechtigung sowie der Kausalität. Sie fügen dem an, dass eine solche Rechtsentwicklung zu endloser Haftung für Beklagte führen würde und die Wirtschaft drastisch belasten könnte.[9]

Trotz der Argumente der Beschwerdegegnerinnen entschied der Supreme Court, Smith’s Klage zu einer Gerichtsverhandlung zuzulassen. In seiner Begründung führte das Gericht unter anderem Folgendes aus: Das Parlament habe durch seine legislative Tätigkeit in diesem Bereich weiterhin Platz für richterliche Entwicklungen der Rechtsordnung (des common laws) gelassen.[10] Ausserdem sei es trotz des enormen Ausmasses des Klimawandels möglich, menschliche Handlungen, die zu diesem Phänomen beitragen, auf ihre Rechtswidrigkeit hin zu untersuchen.[11] Das Gericht zieht zudem Parallelen zu der industriellen Revolution, in der Gerichte ebenfalls neues Recht schufen, was anschliessend von der gesetzgeberischen Gewalt wo nötig korrigiert wurde.[12] Folglich ist es gemäss dem obersten Gericht nicht gerechtfertigt, die Klage ohne weitere Abklärungen und Beweisabnahmen abzuschreiben; insbesondere der haftpflichtrechtliche Umgang mit kumulativer Kausalität müsse genauer untersucht werden.[13] Das Gericht betont jedoch, dass in diesem Verfahrensstadium noch nicht gesagt werden kann, ob Smith schliesslich obsiegen wird.[14]

Siehe für den Entscheid hier.


[1] Michael John Smith ist ein Stammesältester der Maori Stämme Ngāpuhi / Ngāti Kahu und Sprecher in Sachen Klimawandel des Iwi Chairs’ Forum, einem nationalen Forum von Stammesführern.

[2] Smith v Fonterra Co-operative Group Ltd [2024] NZSC 5, [7 February 2024, Supreme Court], Rz. 4.

[3] ibid, Rz. 3.

[4] ibid, Rz. 4.

[5] Smith v Fonterra Co-operative Group Ltd [2020] NZHC 419, [2020] 2 NZLR 394 [High Court].

[6] Smith v Fonterra Co-operative Group Ltd [2021] NZCA 552, [2022] NZLR 284 (French, Cooper and Goddard JJ) [Court of Appeal].

[7] ibid, Rz. 16. 

[8] Smith v Fonterra Co-operative Group Ltd [2024] NZSC 5, [7 February 2024, Supreme Court], Rz. 10.

[9] ibid, Rz. 11.

[10] ibid, Rz. 101.

[11] ibid, Rz. 155.

[12] ibid, Rz. 156.

[13] ibid, Rz. 155, 166.

[14] ibid, Rz. 1-2.